Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 11 Abs. 1
Nicht erst seit Edward Snowden vor fast zwei Jahren veröffentlichte, in welchem Maße die Geheimdienste der Welt die Bevölkerung überwachen, wissen wir, dass die Unschuldsvermutung mehr ein frommer Wunsch als Realität ist. Unter dem Deckmantel von Verbrechensbekämpfung und der Vereitelung von Terroranschlägen werden die Daten von Millionen Menschen in unserem Land gespeichert und ausgewertet, um die Herrschaft der führenden Industrienationen und die Interessen global agierender Unternehmen zu wahren. Die Datensammelwut dieser Unternehmen, aber auch von Behörden und öffentlichen Einrichtungen kennt keine Grenzen mehr. Die Kontrolle über die eigenen Daten liegt längst nicht mehr beim Individuum oder einer demokratisch legitimierten Instanz, sondern bei privaten Großkonzernen. Persönliche Daten sind damit zu einem lukrativen Gut geworden und dem Zugriff von Verwertungsinteressen unterworfen. Die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung 2010 war ein erster, jedoch nicht ausreichender Schritt im Kampf für mehr Freiheit für alle. Doch nun soll mit den "Leitlinien des BMJV zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten” die Vorratsdatenspeicherung erneut ermöglicht werden. Der Kampf gegen die verdachtsunabhängige Speicherung der Verkehrsdaten muss jedoch nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa geführt werden, denn das deutsche Gesetz orientiert sich an einer Richtlinie der EU. An Stelle solcher Gesetze und Richtlinien muss eine europäische Datenschutzgrundverordnung treten, außerdem ist die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben. Überwachung widerspricht den Menschrechten und muss daher auf der gesamten Welt sowie im Internet verunmöglicht werden.
Eine anlasslose Informationsweitergabe über in Deutschland lebende Menschen und ansässige Unternehmen an andere Staaten muss mit sofortiger Wirkung unterbunden werden. Statt ein Klima der Angst zu verbreiten, müssen die Machenschaften von BND, NSA & Co vollständig aufgeklärt werden und entsprechende Informationen demokratisch allen zur Verfügung stehen. Um langfristig Freiheit an Stelle von Angst treten zu lassen, sind Geheimdienste radikal abzurüsten und zu transformieren hin zu einem echten Schutz von Grund- und Menschenrechten. Dafür müssen sie komplett unter parlamentarische Kontrolle gestellt werden. Bis dies nicht weltweit erfolgt ist, ist es die Aufgabe des Staates, alle in Deutschland Lebenden vor der Überwachung durch andere Staaten sowie Unternehmen zu schützen ohne selbst zu überwachen. Insbesondere darf Freihandelsabkommen wie TTIP, TISA oder CETA nicht zugestimmt werden, denn diese ermöglichen den Handel mit personenbezogenen Daten noch einfacher und komfortabler als bisher.
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und den Grünen in Hamburg heißt es im Bezug auf die olympischen Spiele: „Es soll so wenig Beeinträchtigungen von Bürgerrechten wie möglich und nur so viel Kontrolle und Überwachung wie zwingend notwendig geben.“ Wir treten nicht für „Bürgerrechte light“ und wenig Kontrolle ein, sondern lehnen jegliche Überwachung und Einschränkung der Bürgerrechte ab. Das „Sicherheitskonzept” olympischer Spiele mit mehreren 10.000 Einsatzkräften ist ein erheblicher Eingriff in das Leben aller in Hamburg wohnenden Menschen. Die Austragung olympischer Spiele lehnen wir daher auch unter diesem Gesichtspunkt ab.
Im Aufruf vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung heißt es: "Neue Überwachungsgesetze und Kontrolltechnologien zerstören unsere Freiheit und Selbstbestimmung. Demokratie lebt durch angstfreie Meinungsäußerung und überwachungsfreie Rückzugsräume. Diese zu verteidigen liegt in der Verantwortung von uns allen!" Insbesondere die Wissenschaft und Universitäten brauchen Selbstbestimmung und haben deshalb die Verantwortung durch Bildung mündiger Menschen und dem Schutz der Freiheit aller Menschen essentiell die Grundlage für eine demokratische und solidarische Gesellschaft zu schaffen.
Mit diesem Verständnis rufen wir zur "Freiheit statt Angst" Demo am 23.05.2015 in Hamburg auf.
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