Im April veranstaltete CampusGrün zusammen mit der GAL eine Diskussion mit Prof. Dr. Dieter Lenzen, Krista Sager und Dr. Anke Burkhardt über die prekäre Situation der Beschäftigten an der Uni Hamburg. Der Andrang war trotz Dienstagabend und St. Pauli-Spiel so groß, dass wir zu Anfang den Raum wechseln mussten. Die Anwesenheit von ca. 200 Leuten zeigte, wie prekär die Lage ist.
Der Abend startete mit einem Kurz-Vortrag von Dr. Anke Burkhardt (stellv. Direktorin und Geschäftsführerin am Institut für Hochschulforschung). Sie machte anhand von internationalen Vergleichen deutlich, wie unsicher die Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland sind.
Wer in Deutschland in der Wissenschaft arbeiten möchte, blickt auf eine stressige und vielleicht aussichtslose Karriere. Der Mittelbau, also die Gruppe der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, stellt einen Flaschenhals dar, es gibt viel zu wenige Professuren: 86% des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals gelten als wissenschaftlicher Nachwuchs. Von ihnen haben 83% nur eine befristete Stelle und 53% sind sogar unter einem Jahr befristet. Solche Beschäftigungsverhältnisse sind der Regelfall an deutschen Hochschulen geworden: Neun von Zehn Angestellten sind nur befristet beschäftigt. Dazu kommt, dass die befristete Einstellung immer noch mehr Frauen als Männer betrifft! Befristungen könnten wichtig sein, um frischen Wind in die Lehre und Forschung zu bringen, verhindern aber eine langfristige Arbeit, vor allem aber die Existenzsicherung guter MitarbeiterInnen. Diese Arbeitsverhältnisse gehen zu Lasten sozialer Sicherheit, wissenschaftlicher Qualität und gutem Lehrangebot. Für bessere Beschäftigungsverhältnisse fehlt das Geld.
Laut Krista Sager (Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen für Wissenschaft und Forschung) fehlen immer noch 7 Milliarden im Hochschulsystem. Frau Sager betonte, dass es sich bei Finanzangelegenheiten auch immer um die Setzung politischer Prioritäten handle.
Die Uni Hamburg trifft es besonders hart, zur Zeit werden mehr als die Hälfte der wissenschaftlichen Mitarbeiter*Innen aus Drittmitteln finanziert. Zudem laufen nur noch 16% der Besetzungsvorgänge. Seitdem bekannt wurde, dass der Uni in den nächsten Jahren mehr als 8 Millionen Euro fehlen werden, sind alle weiteren Berufungsverfahren gestoppt. Die Hochschule hat eine Verantwortung für ihr Personal, hat die Verpflichtung Stellen zu besetzen - ihr fehlt aber das Geld.
Der Universitätspräsident Prof. Dr. Lenzen zeigte als mögliche Auswege eine Trennung in forschende und lehrende Professor*Innen, sowie mehr Stipendien für Doktoranden und PostDoc-Stellen auf. In der von Katharina Fegebank moderierten Diskussion wurden viele - teilweise widersprüchliche - Blickwinkel beleuchtet. Die Relation zwischen Studierenden und wissenschaftlichem Personal sollte ausgeglichener sein, darf aber nicht dazu führen, dass die Gesamtkapazität der Studiengänge gesenkt wird.
Weitere Themen an diesem Abend waren, ob Hochschulen autonomer werden müssten (z.B. um betriebsbedingt kündigen zu können oder die Pension nicht zahlen zu müssen) und ob die Bologna-Reform möglicherweise die Universität in eine akademische Berufsschule verwandelt. Die konstruktiven und kritischen Debatten zu diesen Themen haben gezeigt: Es gibt viel Handlungsbedarf. Deutlich wurde aber auch, dass es keine einfache Lösung gibt. Das Uni-Präsidium hat angekündigt, die Diskussionen und deren Ergebnisse in ihre Arbeit einzubinden. Wir warten gespannt auf erste sichtbare Ergebnisse.