Unseren diesjährigen Wahlkampf führen wir unter dem Motto
"Existenz statt Exzellenz: Uni von Unten organisieren!":
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Es ist Ende November, während wir diesen Text schreiben. Die
Wahlen zum Studierendenparlament und Akademischen Senat stehen
wieder an. In Manchester rebellieren gerade Studierende für
umfassende Mietkürzungen, weil ihre Lebenssituation unerträglich
geworden ist. Auch in Hamburg haben viele von uns mit den sozialen
und psychischen Folgen der Krise zu kämpfen. Gleichzeitig versuchen
die Hamburger GRÜNEN als Regierungsfraktion neue ökonomische Hürden
in Form von Gebühren für sog. Studieneignungstests einzuführen. Sie
plant, damit die Kosten der Pandemie auf dem Rücken der
Studierenden abzuladen.
Auch an die Finanzierung der UHH will der Hamburger Senat ran. In
der aktuellen Haushaltsdebatte drohen massive Kürzungen, so dass ab
Jahresbeginn 2021 z.B. ein Großteil der Stellen des
Universitätskollegs wegfallen könnten. Verkehrte Welt?
Im letzten Jahr haben wir an dieser Stelle mit einem Zitat aus der
neueren chilenischen Protestbewegung begonnen: "Wir werden nicht
zur Normalität zurückkehren, weil Normalität das Problem ist."
Dieses Motto scheint uns in aktuellen Zeiten mehr denn je Bestand
zu haben. Corona ist eine gesamtgesellschaftliche Krise, nicht
allein eine Naturkatastrophe. Zwischen Tier und Mensch übertragbare
Infektionskrankheiten entstehen nicht aus dem Nichts; Sie werden
durch die Ausbeutung unserer natürlichen Lebensgrundlagen immer
wahrscheinlicher. Die Pandemie verdeutlicht nochmals, dass
ökologische Krisen nicht "nur" in der Zukunft gefährlich werden,
sondern es auch heute und hier schon sind. Dabei zeigt die
Coronakrise alle Facetten der Vielfachkrise des heutigen
Kapitalismus: Ökonomische, soziale und psychische Prekarität
steigern sich vor allem bei denjenigen, die kein oder wenig Kapital
besitzen. Das drückt sich u.a. in dem aktuellen massenhaften
Jobverlust und dem Depressionszuwachs aus. Damit steigert die Krise
vor allem die Probleme, die bereits zuvor bestanden.
Auch unsere Universität wie sie heute besteht, spielt eine
relevante Rolle bei der Stabilisierung ebendieser Normalität.
(Aus)Bildung im Bachelor/Master-System dient wie eh und je zur
Verstetigung der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse. Es
drängt Studierende durch ökonomische Schranken wie BAföG dazu,
festgeschriebene Inhalte in kürzester Zeit zu pauken. Für die
Hoffnung auf eine Karriere im Wissenschaftsbetrieb oder um beste
Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, wird gegeneinander
konkurriert. Wegen der Abhängigkeit der Wirtschaft von
wissenschaftlichem Nachwuchs wird das öffentliche Hochschulwesen
seit Jahren umstrukturiert und die Finanzierung in Form der
Exzellenzstrategie, mit der Förderung angeblich exzellenter
Forschungsschwerpunkte, gegen die Grundfinanzierung gewendet. Damit
werden u.a. die Lehr- und Lernbedingungen sowie Arbeitsverhältnisse
bspw. durch die Befristungen von Stellen stark
verschlechtert.
Wir wollen jedoch eine Uni, die auf Grundlage einer kritischen
Auseinandersetzung mit der Geschichte zum Raum utopischen Denkens
wird, in dem Zukunftsmöglichkeiten gestaltet werden. Lasst uns
gemeinsam dazu beitragen, indem wir reale Utopien von gemeinsamer
Bildung von Unten ausbauen und Studienreformen gegen die aktuelle
Bachelor-Master-Ausrichtung fortführen. Stattdessen ist uns
wichtig, dass alle Mitglieder der Universität sich im solidarischen
Austausch befinden und durch Diskussionen auf Augenhöhe miteinander
lernen. Wir sollten gemeinsam Analysen der gesellschaftlichen
Verhältnisse diskutieren, um dadurch Perspektiven für deren
Veränderung zu schaffen. Dafür streiten wir in verschiedenen
Gremien, wie z.B. dem Akademischen Senat und dem
Studierendenparlament, sowie auf Fachschafts- und Fakultätsebene.
Zudem sind wir in verschiedenen Projekten und Auseinandersetzungen
an dieser Uni aktiv:
KLIMA-UNI
Um die transformative Funktion von Wissenschaft stärker zu
realisieren, haben wir unter anderem die Klima-Uni von unten – ein
demokratisch-selbstorganisiertes Seminar, in dem wir gemeinsam
klimakrisenrelevante Bildung selbst in die Hand nehmen - ins Leben
gerufen. Dort wollen wir uns kritische Perspektiven auf unsere
Gesellschaft erarbeiten, um so ganzheitliche Lösungskonzepte für
die Klimakrise diskutieren zu können.
SOLIDARSEMESTERBÜNDNIS
Mit der verschärften sozialen Situation durch die Pandemie wurde
die Forderung nach einem "Solidarsemester" laut, also nach einem
Semester, in dem die Teilnahme an Veranstaltungen zwar möglichst
weitgehend ermöglicht wird, das jedoch nicht als reguläres
Fachsemester zählt. Dies war und ist insbesondere gegenüber dem
BAföG-Amt wichtig. Auch direkte finanzielle Hilfen für Studis
erscheinen in der Pandemie mehr als notwendig. Die bisher von der
Bundesregierung beschlossenen "Überbrückungshilfen" sind dabei nur
ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aus diesem Grund haben wir
gemeinsam mit verschiedenen FSRen und anderen Gruppen ein Bündnis
initiiert, um für die Umsetzung dieser Forderungen zu kämpfen. Nach
mehreren Pressemitteilungen, einer Kundgebung vor dem Rathaus und
anderen Aktionen konnten wir zumindest genügend Druck für die
Umsetzung der Minimalforderung aufbauen: Hamburgweit wurde das
Sommersemester 2020 nicht als Fachsemester gezählt.
KRITISCHE-EINFÜHRUNGS-VERANSTALTUNGEN
Zu Beginn des Wintersemesters organisierten wir dann eine Woche
lang die Kritischen Einführungs-veranstaltungen, um besonders für
Erstis, aber auch andere Interessierte einen politischen Einstieg
ins Studium zu ermöglichen. Dabei wurden in ver-schiedenen
Workshops Themen wie Auswirkungen der Isolation,
(Post-)Kolonialismus an der Uni, Pro-testkultur und studentische
Prekarität diskutiert.
STUDIENGEBÜHREN-AUSEINANDERSETZUNG
Statt also kostenlose Bildung für alle zu ermöglichen sollen
angehende Studis jetzt auch noch für ihre eigene Selektion in Form
von Studieneignungstests in der Medizin bezahlen. Man fragt sich,
wie lange es wohl noch dauern wird, bis der Senat versucht, die
Wiedereinführung von Studiengebühren durchzusetzen. Wir haben dazu
ein ausführliches Statement verfasst. Außerdem kämpfen wir in den
Gremien der akademischen Selbstverwaltung weiter gegen die
Umsetzung dieser neuen Gebühren. Wie ihr anhand unserer
Praxisbeispiele erkennen könnt, machen wir uns keine Illusionen,
dass unsere Arbeit im Studierendenparlament zur Verwirklichung
unserer politischen Utopien ausreicht. Sie kann vielmehr nur eine
Unterstützung für alle politischnotwendigen Bewegungen sein - und
diese gibt es bereits in vielfältigen Formen am Campus.
Das Fundament einer jeden Bewegung sind ihre Menschen. Deshalb
freuen wir uns zwar über eue-re Stimme – umso mehr würden uns aber
freuen, wenn die Wahl nicht der Hoch-, sondern der Ausgangspunkt
für euer politisches Engagement ist! Nur gemeinsam können wir
diese, den Mensch und Natur verachtenden Verhältnisse umwerfen!
Lasst uns zusammen für eine bessere, solidarische Welt
streiten!
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